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2018 Sommertörn Teil3

KURS MENORCA

Eine Gruppe Delfine unterbricht unseren Müßiggang, und dafür darf an Bord der Thalatta geweckt werden. Es kommt mal wieder Schwung in unsere Crew. Fünf oder sechs große Tiere kündigen schon von weitem ihre Anwesenheit durch typische Delfinsprünge an. Sie begleiten uns, unmittelbar neben dem Schiff, für eine kurze Zeit und sind für uns zum Greifen nahe. Die wellenfreie, glatte Meeresoberfläche wirkt heute wie eine Glasscheibe, die uns den Blick auf diese großen Meeressäuger freigibt. Staunend schauen wir zu. So schnell wie sie gekommen sind verschwinden sie auch wieder, in die Tiefen der See.

CIUTATADELLA

Die Einfahrt in den Hafen von Ciutadella ist nicht sofort zu lokalisieren. Erst bei Annäherung erkennen wir die in der Altstadt erhöht stehende Kathedrale und passieren das Einfahrtsfeuer. Die oft überkommende See hat es notwendig gemacht, den Leuchtturm mit einem Wellenbrecher zu schützen, da das Innere mehrfach überflutet wurde. Der Turm muss in Spanien wohl einen hohen Stellenwert genießen, denn auf einer 0,64€ Briefmarke von 2010 ist dieser abgebildet.

Einen Platz im Hafen für unsere Thalatta zu bekommen war erstaunlicherweise recht einfach. Lediglich zwei Schritte müssen wir über unsere achterliche Gangway laufen und Ciutadella, die frühere Hauptstadt der Insel, liegt vor uns. Natürlich drängt es uns nun, diese Stadt für uns zu entdecken.

Vom Plaza d'es Born genießen wir die spektakuläre Sicht auf den Hafen. Die Stadt ist voller Menschen. An jeder Ecke ein anderer Geruch. Überall ist was los. Das Leben pulsiert bis weit nach Mitternacht, an jeder Ecke, in jeder Straße und ganz besonders auf den Terrassen der Cafés und Restaurants. Es herrscht allenthalben mediterrane Lebensart.

Die Hafenzeile ist um diese Zeit in das warme, goldgelbe Licht der Abendsonne getaucht. Eine äußerst fotogene Tageszeit. Bilder, die in diesen Momenten vom Häfen und den dort liegenden Schiffen entstehen, werden in den langen Wintermonaten sicherlich dafür geeignet sein, einem Segler das Herz aufgehen zu lassen.

Ciutadella bringt, mit seinem schier endlosen Gewirr von Altstadtgassen, die ersehnte mediterrane Atmosphäre. Über teilweise grob gehauenen Treppen geht der Weg hoch in den alten Stadtkern. Hinter jeder Ecke der verschlungenen Gässchen erwartet den Besucher eine neue Perspektive. Kleine Fisch- und Tapa Bars, einladende Restaurants und Terrassencafés mit gängigen Touristenmenüs sowie urigen Bars mit schattigen Innenhöfen wechseln sich in dem nie endenden Straßengewirr der Altstadt ab. Mittendrin die immer belebten und stark frequentierten Plätze, flankiert von internationalen Fashion Labels in schicken klimatisierten Läden.

Wir lassen uns mal wieder durch das nächtliche Ciutadella treiben. Es ist nicht sofort zu erkennen, wo es am besten auf die sehr engen, mittelalterlichen Gassen lang geht. Es gibt diesen einen Weg wohl auch nicht. Alle laufen kreuz und quer durch diese pittoreske Altstadt, anscheinend ohne System, aber doch ankommend. Die mächtige Kathedrale Santa Maria ist allgegenwärtig. Kleine Plätze überqueren wir, gesäumt von Restaurants und Cafés, deren Leuchtreklame wie kleine Lichtinseln aus dem alles überlagernden, schummrigen Licht der gelblich scheinenden Straßenlaternen ragen. Verwinkelte und nicht zuletzt verwirrende Wege führen oft in Sackgassen, aber auch immer wieder zu den großen, beeindruckenden und manchmal Ehrfurcht einflößenden, sich nach innen öffnenden, Stadtpalästen.

Vom historischen Rathaus kommend, welches in früheren Zeiten als maurischer Stadthalterpalast genutzt wurde, stehen wir nun an der meterdicken Brüstung der Festung „Bastion de sa Font“ und blicken beeindruckt hinunter in das Hafenviertel. Letztendlich scheinen alle Wege in eine einzige Richtung zu führen: hinab zu Ciutadellas Hafen. Herzstück und kulinarischer Nabel der Stadt. Was für ein toller Anblick sich uns nun bietet. Wie auf einem Balkon stehen wir, auf einem Hafenbalkon, und staunen. Wir erblicken kleine, an ihren Leinen dümpelnde Fischerboote, mächtige Motorschiffe sowie stolze Segelyachten aller Größen und ein für Unkundige nicht zu durchschauendes Masten- und Leinengewirr. Fischer verlassen den Hafen mit der Hoffnung auf einen guten Fang. Cafés, die gerade schließen, rücken ihre Stühle. Unsere Blicke verheddern sich in den hunderten Lichtquellen, die unsere Augen zunächst sortieren müssen. Geräusche sind kaum zu deuten und nur als undefinierbares Geraune zu vernehmen. Alles mischt sich und doch scheint es irgendwie geordnet zu sein. Aus dieser erhöhten Position strahlt die nächtliche Betrachtung des Hafens Geborgenheit aus. Die Situation nimmt uns gefangen. Alles, was wir sehen, muss erst einmal visuell verarbeitet werden, sodass wir minutenlang schweigend alles in uns aufsaugen. Die nächtliche Tour hat uns schlaftrunken gemacht. An Deck sitzend, sehen wir Ciutadella für einen Moment zur Nachtruhe kommen. Wir sind geschafft, wir sind müde. Ein Glas Wein bleibt nur halb geleert auf dem Cockpittisch stehen. 

FORNELS

Die Landschaft, die sich uns bei dieser Fahrt zeigt, ist wie an vielen Küstenabschnitten Menorcas, nach wie vor kahl und spröde. Wir haben nun das Cap de Cavalleria  querab und fahren von hier nur noch eine gute halbe Stunde, um die mehr als zwei Seemeilen nach Süden einschneidende fjordartige Bucht von Fornells, mit dem Port de Fornells, zu erreichen. Die Segel haben wir kurz vor dem Cap geborgen und fahren nun unter Maschine. Der Wind war gegen uns, wir hätten kreuzen müssen. Der Hafen von Fornells sowie der Port d‘Addaia sind hier im Norden die einzigen Schlupflöcher für Schiffe, die verlässlichen Schutz bieten. Dass die Entfernung zum Hafen nun nicht mehr weit ist, kommt uns entgegen. Wind um die fünf Beaufort, aus etwa 120 Grad also genau auf unseren Bug, lässt keine entspannte Fahrt mehr zu.

Menorca überzeugt durch überwiegend unberührte Natur. Hier ist Fornells wie eine Perle eingebettet. Ein großes Bojen Feld dient ankommenden Yachten zum sicheren Festmachen. Ankern soll dort nicht mehr möglich sein. Als das Einfahrtsfeuer und der alte Wehrturm auf dem westlichen Einfahrtshuk nur noch hinter unserem Rücken zu sehen ist, öffnet sich uns die  Sicht auf die blütenweiß getünchten Gebäude Fornells. Die ungemütliche und mittlerweile mit Schaumkronen besetzte Dünung liegt hinter uns. Das Fahrwasser ist relativ ruhig. Allein der Wind, der uns seitlich in Böen trifft, ist unangenehm. Die Häuserzeilen mit ihren roten und auch teilweise weißen Dächern fallen sofort ins Auge und wecken in uns die Neugier. Die für unsere Augen ungewöhnlich hellen Dächer erscheinen in der Sonne noch leuchtender.

Fornells wirkt wie aus der Zeit gefallen. Neben dem Weiß der Häuser ist blau eine weitere, immer wiederkehrende Farbe, die sich uns Besuchern zeigt. Die kristallklaren Gewässer in dieser Gegend und der meist azurblaue Himmel mögen hier Pate gestanden haben. Einen Kaffee auf dem Dorfplatz getrunken, mit dem Blick auf den pittoresken Naturhafen, lässt die Zeit fühlbar still stehen. Mit seinen vielen, meist weißen Fischerbooten, die bedächtig an ihren Leinen dümpeln, strahlt diese Bucht die Geborgenheit und Ruhe einer längst vergangenen Epoche aus. 

ES GRAU

Nach dem doch sehr anstrengenden Tag schmeckt das Anlegebier heute besonders gut. Wir sitzen auf unserem Achterdeck und lassen in der langsam schwächer werdenden Sonne unsere Blicke über das vor uns liegende Es Grao schweifen. Direkt an der vorderen Häuserzeile sehen wir ein Restaurant. Die roten Kunststoffstühle lassen den Schluss zu, dass es sich um eine einfache Dorf Bar handelt. 

Es ist immer wieder schön in einem fremden Ort anzukommen und diesen dann für sich zu erkunden. Um uns einen Überblick zu verschaffen, machen wir einen kurzen Rundgang durch das kleine Dorf. Weiß getünchte kleine Häuser, die meisten zweigeschossig. Stühle oder Bänke stehen vor den Türen, und Blumen in Töpfen und Kästen sehen wir an fast jedem Haus. Alles erscheint in einem sehr gepflegten und aufgeräumten Zustand. Wir beschließen den ersten Ortsbummel mit einem Drink in der von Einheimischen stark frequentierten Dorf Bar. Auf den schon erwähnten roten Kunststoffstühlen sitzend, genießen wir den Blick über die Bucht und auf unser friedlich liegendes Schiff. Irgendwie ist die Welt hier im Gleichgewicht, zumindest ist dies Hier und Heute unsere Sicht der Dinge.  

Wir essen am Abend an Bord und leeren im Anschluss daran die angefangene Flasche Weißwein auf dem Vorschiff. Es ist absolut windstill in dieser Nacht. Geräusche des Ortes dringen nur sehr gedämpft bis zu uns durch. Die Thalatta liegt ruhig, macht keinerlei Bewegung in der jetzt tiefschwarzen, spiegelgleichen See.

Das nächtliche Es Grau liegt vor uns. Ein Panorama wie in einem Hochglanz Bildband. In den Gassen, zwischen den rein weißen Häusern, leuchten die Laternen in einem heimelig, gelblich warmen Ton. Alles spiegelt sich im Wasser zwischen uns und dem Ufer, wie ein auf dem Kopf stehendes Replikat wider. Im Schein der Laternen wirkt dieser Ort elfenbeinfarbig, strahlt Ruhe und Friedfertigkeit aus. Hin und wieder sind Personen oder die Scheinwerfer eines sich den Weg durch die Nacht suchenden Autos auszumachen. Dorfbewohner sitzen auf ihren Balkonen oder Terrassen. Zu erkennen durch ein meist schummeriges Kerzenlicht. Mit ihren Leuchtstoffröhren zerstört die Bar eigentlich das malerische Bild, aber irgendwie gehört so etwas zu einem spanischen Dorf. Von dort sind Stimmen der noch reichlich vorhandenen Gäste zu hören. Nicht störend, mehr ein Geraune, gepaart mit dem Zirpen der Grillen. Vor uns offenbart sich eine fast unwirkliche mediterrane Kulisse. Es ist fast Mitternacht und die Luft hat sich kaum abgekühlt. Über uns ein Sternenhimmel, der mit seiner Leuchtkraft für eine gefühlte Nähe zum Firmament sorgt. Dass es gar nicht richtig dunkel wird, ist wohl diesem leuchtenden Kosmos zu verdanken. Fast philosophische Gespräche entwickeln sich zwischen uns. Eine zweite Flasche Vina Sol muss ihr Leben lassen.